Nachdem ich beschlossen hatte, mit dem Wingfoilen anzufangen (wie es dazu kam, erfährst du hier) und mir schon einige Videos zum Wingfoilen (Technik, Manöver und Regeln) auf dem Wasser angeschaut hatte, konnte ich es kaum erwarten, endlich loszulegen.
Erste Übungen an Land
Bevor es aufs Wasser ging, wollte ich den Wing erstmal an Land kennenlernen. Überraschenderweise ließ er sich ziemlich leicht handhaben.
Die wichtigsten Learnings zur Wingkontrolle:
- Mit der vorderen Hand (Front Hand) hälst du den Wing quasi mehr und mit der hinteren Hand (Back Hand) regelst du mehr, z.B. die Geschwindigkeit.
- Die vordere Hand sollte sich immer (höhemäßig gesehen) über der hinteren Hand befinden, um den Wing voll unter Kontrolle zu haben und zu vermeiden, dass er nach unten gedrückt wird. Später fährst du wahrscheinlich auch Manöver, bei denen sich die hintere Hand über der vorderen befindet, aber am Anfang hat mir dieser Grundsatz sehr geholfen.
- Je weiter die vordere Hand von der Frontube entfernt ist, umso größer ist der gefühlte Zug im Wing durch den Wind. Für bessere Kontrolle kannst du deine Front Hand also etwas weiter vorne platzieren.
- Um zu beschleunigen, ziehst du mit der Back Hand (etwas runter und zu dir). Je weiter die Back Hand dabei von der Fronttube entfernt ist, umso direkter bzw. stärker wirkt der Zug.
- Um den Wing zu depowern, (also, die Kraft aus dem Wing zu nehmen), brauchst du nur den Zug von der Back Hand zu nehmen - also die hintere Hand heben (aber nicht über die vordere 😉 ) oder sogar loslassen. Beim Loslassen besteht allerdings die Gefahr, dass du den Wing schlechter oder gar nicht mehr unter Kontrolle hast. Ich habe deshalb meist lieber nur den Zug rausgenommen.
- Beim Umgreifen (z.B. bei Manövern wie Halse und Wende) solltest du den Wing für volle Kontrolle immer mit mindestens einer Hand vorne am Wing (Handle oder Boom) festhalten. Also, erst die hintere Hand lösen und vorne am Boom oder vorderen Handle platzieren und danach die andere Hand lösen, um sie an anderer Stelle zu platzieren. es gibt auch Manöver - wie die Duck Jibe - , bei denen das anders läuft aber für den Anfang hat mir dieser Grundsatz sehr geholfen.
Schon bald stand ich auf dem Longboard – für mehr Stabilität – und später auf dem Surfskate für das Surf-Feeling.
Über das Tempelhofer Feld zu düsen, während der Wing mich zog, fühlte sich wie ein kleiner Vorgeschmack auf das an, was noch kommen sollte. Spaßfaktor: riesig.
Generell hat mir zusätzliches Training an Land geholfen, schneller Fortschritte zu machen - auch wenn es trotzdem etwas gedauert hat. 😅

Ab aufs Wasser
Natürlich war ich heiß darauf, so schnell wie möglich auf ein Foilboard zu steigen. Der Plan: nicht erst lange auf dem SUP üben, sondern gleich richtig loslegen. Also holte ich mir ein Board, mit dem ich auch nach den ersten Versuchen noch Spaß haben und irgendwann springen könnte.
Tipp: Wenn du erst auf einem SUP üben willst, dann Driftstopper nicht vergessen. Ansonsten treibst du wahrscheinlich einmal mit dem Wind über den See und musst zurück paddeln.
Meine Vorfreude war riesig – die ersten Sessions allerdings ziemlich ernüchternd. Ich war zu überheblich. Das Board, das ich gewählt hatte, war schlicht zu klein für mich: zu wenig Volumen, zu wenig Auftrieb für mein Gewicht und mein Level. Vor allem bei Leichtwind auf dem See machte es mir das unnötig schwer.
Also ein neues Board: Mit mehr Volumen, mehr Stabilität. Und siehe da: Plötzlich lief es besser. Erst auf den Knien, dann stehend. Als ich schließlich sicher upwind fahren konnte und wieder am Ufer ankam, von dem ich gestartet war, wusste ich: Jetzt bin ich auf dem richtigen Weg.

Die ersten Flüge
Und dann war es soweit: das erste Mal, dass das Foil abhob. Ein paar Sekunden nur – aber magisch.
Es wurde stiller, ich wurde schneller, fühlte mich leicht, fast schwerelos. Genau dafür hatte ich angefangen. Von da an wollte ich nur noch mehr von diesem Gefühl.
Mit kurzen Flügen gewöhnte ich mich nach und nach an das Verhalten des Foils. Und jedes Mal wurden die Flüge etwas länger.

Fallen gehört natürlich auch dazu. Dadurch darf man sich nicht entmutigen lassen, aber ich versuche immer, möglichst weg vom Board und Foil zu fallen, ohne das Board dabei wegzukicken, damit es sich nicht unkontrolliert weiterbewegt oder von der Leash zurück katapultiert wird. Um sicherer zu fallen, habe ich deswegen auch erstmal die Fußschlaufen weggelassen.


Mein Anfänger-Set-up
Damit du eine Vorstellung davon bekommst, womit ich gestartet bin:
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Mein Gewicht (damals): ca. 63 kg (ohne Ausrüstung)
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Wing: 5 m²
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Board: 105 l
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Mast: 75 cm, möglichst weit vorne am Board montiert für früheres Abheben
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Frontwing: 1750 cm²
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Stabilizer: 300 cm²
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Fuselage: etwas länger für mehr Kippstabilität

💡 Meine Learnings zu Gear und Setup für den Anfang:
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Board: Lieber etwas größer als zu klein. Mehr Volumen = mehr Stabilität und Auftrieb. Ca. 30 l mehr Volumen als mein Gewicht haben mich super unterstützt.
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Foil: Ein größeres Foil hebt dich schneller aus dem Wasser und ist etwas fehlerverzeihender als kleine Foils.
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Wing: Die Größe des Wings hängt vor allem von deinem Gewicht und der Windstärke ab. Mit ca. 63 kg Eigengewicht hat für mich bei meist mittleren Windstärken (4 - 5 Bft) ein 5er funktioniert, aber oft wäre an den Leichtwindtagen ein 5.5er oder 6er noch besser gewesen.
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Fuselage: Eine längere Fuselage kann für zusätzliche Stabilität sorgen.
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Mast: Für Wellenspots am Meer lohnt sich ein längerer Mast (ich bin später auf 90 cm gewechselt).

Sicherheitscheck
Nicht vergessen: Schutzausrüstung macht's nicht nur sicherer, sondern gibt auch Vertrauen.
Helm und Prallschutzweste: definitiv empfehlenswert. Ich habe ohne Helm angefangen und fuhr so, bis ich mich nach einem Sturz mal gewundert habe, wo mein Board ist – es landete eine Sekunde später direkt neben mir.
Gerade am Anfang verbringt man viel Zeit auf den Knien und rutscht auch mit den Füßen oft übers Board. Deshalb:
- Schuhe: auch dünne im Sommer – schützen die Füße vor Abschürfungen beim Übers-Board-Rutschen
- Neoprenanzug: verleiht zusätzlichen Auftrieb im Wasser, hält warm und verhindert Abschürfungen bei Kniefahrten und beim vielen Klettern aufs Board
Und selbst mit der besten Ausrüstung gilt: Wingfoilen ist insgesamt relativ sicher – Wing und Board schwimmen, und mit Leash ist die Gefahr, beides zu verlieren, eher gering. Trotzdem kann immer mal etwas Ungeplantes passieren. Deshalb solltest du dir vor jeder Session überlegen: Was mache ich – und wie komme ich zurück –, wenn etwas nicht nach Plan läuft?
Das gilt nicht nur fürs Kurshalten, sondern auch für den Fall, dass mit deiner Ausrüstung etwas passiert (z. B. Wing, Board oder Foil kaputt oder weg) oder du dich verletzt. Du solltest deshalb nicht weiter vom Ufer weg sein, als du im Notfall noch zurück paddeln, schwimmen oder dich von deinem Wing ziehen lassen kannst.
Wenn ich auf dem Meer unterwegs bin, nehme ich mittlerweile immer mein Handy mit. Es gibt auch Apps, die im Notfall helfen, dich zu lokalisieren und zu retten.
Wichtig ist außerdem, den Spot zu kennen: Gibt es Hindernisse im Wasser, die man nicht sofort sieht – Treibgut, Bäume, Bauten, Schrott oder flache Sandbänke, mit denen du kollidieren könntest? Lokale Surfcenter und -shops oder andere Wassersportler vor Ort können dir dazu oft wertvolle Tipps geben.
Zudem solltest du die Vorfahrtsregeln kennen und beachten. Unter Wingfoilern gilt zum Beispiel:
- Linke Hand vorne am Wing = du bist ausweichpflichtig
- Rechte Hand vorne am Wing = du bist kurshaltepflichtig
Darüber hinaus gibt es noch weitere Regeln, die hier aber den Rahmen Sprengen würden.
Und last but not least: Ganz wichtig sind selbstverständlich Rücksicht und Respekt. Bestehe nicht stur auf deinem „Recht“, sondern fahre rücksichtsvoll und rechne immer auch mit den Fehlern anderer.
Empfehlung
Ich bin kein Coach. Ich teile hier nur meine Erfahrungen und Learnings – eher wie ein Gespräch unter Wingfoilern am Ufer, nur dass ich gerade einen Monolog halte ...
Als ich mit dem Wingfoilen angefangen habe, gab es noch kaum Kurse. Also habe ich es als Self-Learner probiert. Wenn du Wingfoilen einfach mal testen möchtest, Tipps von Profis bekommen und dabei eine Menge Zeit und vielleicht auch das Geld für unnötige Anfangsausrüstung sparen willst, empfehle ich dir auf jeden Fall, einen Kurs zu machen. Mittlerweile gibt es davon viele.
PS: Meine Entwicklung kannst du auch auf Instagram sehen: pasta.particles.